Adlemsried und SchwarzenmattHistorische Kohlenbergwerke |
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Der Kohlenabbau im Gebiet der Bäuerten Schwarzenmatt und Adlemsried hat eine lange Geschichte.
1760 erhielt ein Schmied aus Weissenbach, Matheus Messerli, von Schultheiss und Rat der Stadt und Republik Bern eine
Konzession, um an einem Schafberg von Schwarzenmatt Kohle abzubauen. An Erbetlaub und Aebnet wurden etwa 7 Jahre später
ebenfalls Konzessionen erteilt. Gegraben wurde im Tagbau, dort wo die Kohle an die Oberfläche trat. Anders als im späteren
Stollenbau waren kaum vorgängige Investitionen notwendig. Wegen Problemen mit der Belüftung und Wasser in den Schächten
war aber in einer gewissen Tiefe Schluss. Trotz der geringen Förderung hielt die Nachfrage vorerst kaum mit der Produktion Schritt.
Hauptmann Johann Bühler aus Reidenbach investierte in ein Strässchen und versuchte sich im Schachtbau, ging aber Konkurs.
1785 wurden seine Patente eingezogen und die Abbaugebiete an den Gastwirt und Pintenschenk Peter Allemann übertragen.
Dessen Mine stürzte im Jahr 1792 ein und es scheint, dass er keine neuen Kohlenvorkommen suchte oder fand.
Schlosser und
Schmiede hatten aber inzwischen die gute Qualität der Kohle schätzen gelernt und brachten in einer Eingabe an die Regierung
ihre Sorgen um zukünftig Kohlenlieferungen zu Ausdruck. Die Regierung beauftragte Bergdirektor Gruner, die Kohlenförderung
als Musterbetrieb auf Staatsrechnung zu organisieren. Peter Allemann war inzwischen verstorben und seine Witwe bot dem Staat
das Inventar zum Kauf an: Das Strässchen in die Klus, ein Querstollen, der das Flöz noch nicht erreicht hatte, zwei
Kohlenhütten im Klus, ein gemauerter und abschliessbarer Kohlenschopf in Reidenbach nebst etwas Werkzeug. Wegen
hereinbrechender napoleonischer Truppen und damit verbundener politischer Umwälzung stand der
Grubenbetrieb jedoch bald wieder still.
Die Bäuertleute von Schwarzenmatt hatten das Staatsregal nie so richtig akzeptiert,
dem die Bodenschätze unterworfen waren. Sie betrachteten es als ihr gutes Recht, auf ihrem Gelände nach Gutdünken Kohle zu
fördern. Sie besetzten die verwaisten Gruben und verkauften die Kohlenvorräte. Sie sollen sogar die Kasse geplündert haben,
wie später in einem Bericht festgehalten wurde.
Im Jahr 1800 schaffte die Helvetische Regierung Ordnung. Einheimische Unternehmer waren erfolglos geblieben, weil sie weder
die Mittel noch die Kenntnisse hatten, die Kohlengruben gewinnbringend zu betreiben. Ausserdem warf man den Bäuerten vor,
im Bereich von Äbnet und im Erbetlaub unerlaubt Raubbau betrieben zu haben. Im Bestreben, eine stetige Kohlenförderung zu
erreichen und mehr Professionalität ins Geschäft zu bringen, überging man die Bäuertleute und übertrug die Konzessionen an
die Lauterbrunnische Bergwerksgewerkschaft.
Bis 1832 lief nun der Betrieb in Schwarzenmatt mehr oder weniger ungestört. Als die
Bergwerkgesellschaft den Betrieb einstellte, geschah dies möglicherweise wegen mangelnder Rendite. Man schob aber vor, dass
man sich von den Bäuertleuten gestört fühlte, die in der Trimmlen eine eigene Grube eröffnet hätten, und dies zwischen den
Gruben der Gewerkschaft. Die Einheimischen beklagten sich, dass von der Gewerkschaft Bergleute aus Deutschland eingesetzt
würden, während Einheimische ohne Arbeit und Verdienst blieben und nur den Schaden hätten .
1832 wurde eine Bittschrift um Übertragung der Schürfrechte
an die Bäuertleute durch ein Schreiben der Trüllmeister Emanuel Karlen und Peter Ällig unterstützt: Wegen der milde Lage von
Schwarzenmatt gebe es viele mittellose Zuwanderer, denen man Gelegenheit geben sollte, wenigstens in der abgelegenen Trimmlen
Kohle zu schürfen. Ein Unternehmer könne dort wegen der langen Transportwege eh nicht mit Gewinn wirtschaften. In einem
weiteren Brief rühmte der Gemeinderat von Boltigen die beiden Trüllmeister als uneigennützige Leute und bestätigte die
beschriebenen Zustände.Der Bergrat lehnte die Gesuche der Bäuert mit dem Hinweis auf begangene Missetaten und
mangelnde Professionalität vorerst ab.
Ein weiteres Gesuch wurde 1838 eingereicht. Diesmal wurden die Karten neu gemischt.
Die Bäuert Schwarzenmatt bekam das Gebiet des Winterritz zugesprochen, während die Sonnseite bis an das Gebiet der Bäuert
Adlemsried an verschiedene Konzessionäre vergeben wurde. Aus einer weiteren Bittschrift der Schwarzenmatter geht hervor,
dass 13 Familien mit insgesamt 50 Personen vom Schürfen der Kohle abhängig waren.
Die Konzession an die Bäuert wurde später
wieder zurückgezogen, weil diese nicht in der Lage sei, den Kohlenabbau nutzbringend zu organisieren und an Emanuel Stocker
und David Karlen übertragen.
© Staatsarchiv Bern
Eine erste Konzession am Äbnet auf dem Gebiet der Bäuert Adlemsried wurde 1767 vergeben. Von 1817 bis 1827 wurden hier
jährlich 2000 Zentner Kohle abgebaut. Im Jahr 1841 übernahm Jakob Karlen eine Konzession im Merzechum unterhalb des Tanzboden.
Bis 1848 förderte er dort 1411 Zentner Steinkohle.
Die Anbindung der Eisenbahn an internationale Strecken und den damit ermöglichten günstigen Kohlenimporten brachte auch am
Aebnet die Kohlenförderung fast zum Erliegen. Abgebaut wurde nur noch in kleinen Mengen für den Privatgebrauch.
Als im ersten Weltkrieg erneut Bedarf an inländischer Kohle entstand, wurden die Gruben am Äbnet verlassen und zerfallen
vorgefunden.
1917 legte die Firma Weinmann aus Zürich einen ersten Querstollen an, der an der Südseite begann und bis in den
Merzechum durchgehend war. Eine Seilbahn brachte Kohle hinunter an das Strässchen im Entwägli. Die Betonsockel der Seilbahn
sind auf Ramsern und im Entwägli sind immer noch erhalten. Von 1919 bis 1921 wurden am Äbnet insgesamt 5759 Tonnen Kohle aus
der Grube geholt, dann brachten fallende Preise erneut das Aus für die einheimische Kohlenproduktion.
Wer heute den alten Stollen im Tubetäli besucht, wird sich verwundert fragen: Wie konnte man wissen, dass im Bergesinnern Kohle
zu finden war? Warum wurde ausgerechnet hier danach gesucht?
Ursprünglich war der Qerschlag etwa 900 Meter
lang. Wer sich von zwei Sperrmauern nicht abhalten lässt, kann dem Stollen heute noch
etwa 400 Meter weit in den Berg hinein folgen. Ein Versturz verhindert hier den Weiterweg.
Gefahr lauert vor allem im Stollensystem, das 1945 angelegt wurde und das über eine Leiter erreichbar wäre. Bekannt ist dieser Umstand
seit einer Befahrung durch Luisa Karrer im August 2018.
Der Verlauf der Kohlenflöze in der Stockhornkette war seit langem bekannt. Der Stollen zielte auf die
bekannten Kohlenlager von der Trimmlen bis ans Äbnet.
Im Grunde folgte man dem uralten Plan, die Gebirge
mit einem Querstollen in der Tiefe zu erschliessen, um dann genügend Kohle über sich zu haben. Früher war es nie möglich
gewesen, die finanziellen Mittel für ein derart ehrgeiziges Projekt zu erwirtschaften. Im zweiten Weltkrieg schien nun die
schlechte Versorgungslage mit Steinkohle die notwendigen Investition zu rechtfertigen.
© Staatsarchiv Bern
Im Dezember 1940 begannen die Bergbauarbeiten unter der technischen Leitung von A. Amort. Ab Oktober 1941 wurde die Konzession von
der "Steinkohlenbergwerk Boltigen A.G" übernommen, an der die Kohlenhandelsfirma Streichenberger S.A. Genf massgeblich beteiligt war.
Das Talsilo war grosszügig ausgelegt und fasste 500 Tonnen. Das Gebäude unmittelbar daneben diente als Bureau, Küche, Kantine und Magazin
und verfügte über eine Douchgelegenheit.
Eine Grosszügige Halle erstreckte sich vom Mundloch bis über das Bergsilo, welches mit dem Talsilo durch eine Seilbahn verbunden war.
Das Bergwerk verfügte über eine elektrische Kompressor- und Ventilationsanlage. Eine 16000V Leitung führte zum Mundloch, der Transformator
gab 350V ab.
Einem Artikel in der Neuen Bernerzeitung zufolge wurden die Kohlenvorräte im Berg auf über 100`000 Tonnen geschätzt.
Der tatsächliche Ertrag war aber gering:
In der Ramserenzone fand man bloss kohlehaltigen Schiefer, der nicht abbauwürdig war. In der Äbnetzone geriet man in tektonisch
stark gestörtes Gebiet und musste die Kohlenflöze im Aufsteigen suchen.
Von 1940 bis 1943 wurden rund 700`000 Franken aufgewendet
und von durchschnitlich 36 Angestellten 134`640 Arbeitsstunden geleistet. Gefördert wurden 1433 Tonnen Kohle, die im Verkauf
von minderwertiger Qualität war, weil man die hochwertige Kohle, die man in der Aebnetzone fand, mit der aschenreichen Kohle der Ramserenzone mischte.
Im April 1945, also ungefähr ein Monat vor Kriegsende in Europa, bildete sich in Boltigen ein Industrie-Konsortium, welches das
Aktienkapital für die Dauer der Arbeiten übernahm. Beteiligt waren -nebst dem Verband Schweizerischer Gaswerke in Zürich- die Basler
Firmen Ciba und Geigy. Seltsam erscheint, dass ausgerechnet eine deutsche Baufirma, die Firma Züblin&Co, mit den Arbeiten
betraut wurde. Der Bergier-Bericht deckte aber auf, dass die Basle Chemiekonzerne kaum ideologische Bedenken im Umgang
mit Nazi-Deutschland kannten. Ausserdem (oder in diesem Zusammenhang?) scheinen Züblin&Co in Basel eine Filiale betrieben zu haben.
Vorerst wurden die alten Anlagen in Stand gestellt. Die Halde war während dem Stillstand der Grube abgerutscht und bedrohte das Talsilo, was den Bau einer
Schutzmauer nötig machte. Eine zusätzliche Baracke wurde gebaut und eine Transportseilbahn mit Laufkatze montiert.
Etwa 380m im Bergesinneren entstand ein Bahnhof, ausgerüstet mit einem Ausweichgeleise, einem Zentrifugalventilator und einer Doppelwinde mit je 250m Seil,
angetrieben von einem 45Ps-Motor. Diese Winde bediente den doppelglisigen Aufzug im Schrägschacht, der mit einer Steigung von 30° 220m Länge erreichte.
Abzweigend von diesem Schrägschacht folgte ein Rollstollen, der in gutem Felsen dem Kohlenflöz 180m weit folgte, welches vom Rollstollen ausgehend mit 5 Querschlägen
im Abstand von 30m erschlossen wurde.
Im Einsatz waren eine Anzahl Kipprollwagen auf 50cm-Decauville-Schienen, gezogen von einem 12PS-Dieseltraktor.
Schwer zu erklären ist, dass man mit dem Kohlenabbau in der Ramserenzone ansetzte, in der Zone also, in der vorher keine
abbauwürdige Kohle gefunden worden war. Möglicherweise rechnete man damit, die Kohle maschinell aufbereiten zu können, was jedoch
nur schon aus Kostengründen nicht anging.
Das Ergebnis spricht für sich: Es wurden 1945 von 58 Angestellten insgesamt 1000`084 Arbeitsstunden geleistet und rund 500`000 Franken
investiert. Dagegen war ein Verkauf des Fördergutes nicht möglich, so dass sich eine Rentabilitätsrechnung erübrigte.
Im Jahr 1946 waren noch 13 Arbeiter wärend 3 Monaten mit Abbrucharbeiten beschäftig. Dann wurden im Stollen zwei Sperrmauern
errichtet und das Mundloch mit einer Holzkonstruktion verschlossen.
Seither blieb das Bergwerk seinem Schicksal überlassen.
Aktienkapital und Konzession fielen zurück an die
Steinkohlenbergwerk Boltigen A.G. Der Vertrag der Bäuert mit A. Amort wurde nach dessen Ablauf nicht mehr erneuert.
Die Streichenberger S.A. in Genf wurde noch 1994 in der Liste Europas grösster Energie-Handelsunternehmen geführt, wurde aber
im Jahr 2008 aus dem Handelsregister gelöscht.
Eine frühere Baracke des Bergwerkes steht heute bei der Simmenbrücke in Boltigen.
Anders als in Schwarzenmatt scheint es in der Bäuert Adlemsried keine Bestrebungen gegeben
zu haben, den Kohlenabbau in die eigenen Hände zu nehmen. Die Verträge mit den Grubenbetreibern sahen aber vor, dass nach
Möglichkeit einheimische Arbeiter eingestellt werden sollten. Auch sonst brachte die Kohlengrube Vorteile: Unter Anderem wurde
das Taubentälchen mit einer Strasse erschlossen und der Weiler Taubental bekam elektrischen Strom. Die Strasse vom Hosenbändel
bis Ramsern ist fast ausschliesslich mit Stollenaushub befestigt.
Die Wasserversorgung am Äbnet wurde durch das dortige Bergwerk
gebaut. Zwischenzeitlich versorgte die Quelle sogar das sechshundert Meter tiefer gelegene Bergwerk in Taubental. Kurioserweise
bot acht Jahre später Seewer Alfred unter den Brüchen das Teilstück dieser Leitung von Äbnet bis Ramsern der Bäuert für 1050.- zum Kauf
an. Die Bäuert lehnte den Kauf jedoch ab.
Vertrag
Zwischen der Bäuertgemeinde Adlemsried, Gemeinde Boltigen
und Herrn Arthur Amort, Chefingenieur Luzern
ist heute folgender Vertrag abgeschlossen worden:
1.
Die Bäuertgemeinde Adlemsried räumt dem Herrn Arthur Amort das Recht ein auf dem Eigentum der Bäuert Schürfungen,
Bohrungen, etc. vorzunehmen zwecks Ausbeutung von Steinkohle.
2.
Das Gebiet auf welchem die Ausbeutung stattfinden darf hat folgende Grenzen:
Unten (südlich) die Privatgüter von Taubenthal
Oben (Nördlich) Holzersfluh und Aebnetalp
Innen (westlich) Bäuertgemeinde-Schwarzenmatt
Aussen (östlich) die Almend-Adlemsried mit einer geraden Hochlinie vom Weiler Taubenthal bis Ebnet-Alp
3.
Herrn Arthur Amort nimmt seinerseits folgende Verpflichtungen auf sich:
a. Vergütung von Landschaden 20 Rp per m2, dies bezieht sich aber nur auf die erste Bohrstelle obenher dem Heimwesen der Wwe Ueltschi im Taubenthal
b. Bei Schürfungen, resp. Ausbeutung welche weiter im unter Ziffer 2 benannten Gebiet vorgenommen werden, müssen mit der Bäuertgemeinde neue Verhandlungen gepflogen werden.
c. Entschädigung für die augebeutete Kohle. Diese soll betragen 40 Rp. pro Tonne bis 30 Tonnen Ausbeute und 30 Rp pro Tonne von der Ausbeute über 30 Tonnen in einem Tag.
d. Die Zahlungen für die Kohle, wie für die Landentschädigung, sind jeweils auf Ende eines Monats fällig.
e. Bei Benützung der Strasse Boltigen-Adlemsried zum Kohlentransport, Unterhalt der benützten Strecke.
f. Bevorzugung von Bäuertleuten zur Anstellung von Bergwerkarbeitern
g. Gestattung des kostenlosen Anschlusses eines Lichtnetzes beim Weiler Taubenthal, wenn die Bohrungen im Bergwerk elektrisch betrieben werden sollen.
h. Leistung einer Kaution von Fr. 1500 zur event. Deckung von Kohlenprämien und Landschaden. Diese ist bei Darlehenskasse Boltigen zu deponieren.
© Ulrich Erb, Adlemsried 94, 3766 Boltigen Tel: 033 773 61 91 e-mail:ulrich.erb@gmx.ch